Er hat Magnetwirkung, der Remstäler Töpfermarkt. Das war am Wochenende in Urbach deutlich zu erleben. Schon am späten Samstagmorgen war der Ansturm groß, die zahlreichen Parkplätze fast voll belegt, viele Fahrzeuge trugen Kennzeichen weit über die Region hinaus – aus Freiburg, Konstanz, manche gar aus der Schweiz. „Das wird heute Mittag noch enger“, sagte ein Anwohner ganz ohne genervten Unterton, „aber das ist ja auch gut so.“ Nach zwei Jahren konnte der Remstäler Töpfermarkt wieder ohne Corona-Auflagen stattfinden. Im vergangenen Jahr war der Markt in den Herbst verlegt und unter 3-G- Regeln organisiert worden. „Die Auflagen 2021 zu erfüllen, war eine Herausforderung“, sagt Cheforganisator Hans Winkler. Das DRK Urbach sowie freiwillige Helfer aus den Reihen des Fördervereines Urbacher Kranken- und Altenversorgung sowie der Handballsportkooperation Urbach/Plüderhausen, die beide bewirteten, habe dies ermöglicht. „Ansonsten wären die Kosten zu hoch gewesen, der Markt hätte wie 2020 auch 2021 nicht stattfinden können“, berichtet Hans Winkler. „Sehr groß“, sei daher die Erleichterung, dass der Markt wieder ohne Corona-Auflagen und im ursprünglichen Frühjahrszeitfenster stattfinden konnte. Die Erleichterung teilten auch viele der Aussteller. „Gott sei Dank, die Atmosphäre ist für alle angenehmer und offener“, sagen Kerstin Hentschel und Evi Leitner von den Remstalwerkstätten der Diakonie Stetten. Seit 26 Jahren seien sie schon beim Töpfermarkt dabei. „Es ist viel los, die Leute sind in Kauflaune“, sagen die beiden und strahlen. Ihr Stand ist umringt von Menschen, ein Kunde aus Winnenden lässt sich gerade eine Tasse in Papier wickeln und sagt: „Es gibt hier Unikate, besondere Dinge, deshalb komme ich gerne her.“ 92 Aussteller haben sich angemeldet, berichtet Hans Winkler. Einige kommen auch aus dem Ausland – wie Eda Nagy. Die junge Frau aus Budapest spielt auf einer Ocarina, einer bunten Gefäßflöte aus Ton, die sie in verschiedenen Varianten verkauft. Die Besucher bleiben stehen und hören aufmerksam u. Am Sonntagabend packt Eda Nagy nach dem Markt alles wieder zusammen und reist nachts zurück in die ungarische Hauptstadt, erzählt sie. Die weite Fahrt halte sie nicht auf, schon viele Jahre sei sie mit ihrem Stand in Urbach, sei aber auch in Finnland oder Österreich auf Märkten vertreten. Aus der Bodenseeregion kommt Johanna Schierjott. Sie fertigt Namen aus Holz, man kann ihr an der Maschine beim Sägen zuschauen. Auf die Frage, welche Namen besonders gefragt sind, hat sie gleich eine Antwort parat. „Alles Ungewöhnliche“- wie Moritz ohne t oder Liam, den Namen, den sie gerade aussägt. Im Jahr 2020 habe sie gerade mal drei Märkte besucht, normalerweise seien es 25. Man kämpfe natürlich mit Einbußen, sagt sie. Hier in Urbach schätze sie das interessierte Publikum, „ein gutes Publikum“. Doch mit etwas Sorge blickt sie schon auf die kältere Jahreszeit. Manche Märkte in der Wintersaison seien noch mit einem Fragezeichen versehen. Unsicherheit bleibe. Ellen Reinhardt aus Tübingen, auch schon seit mehr als 20 Jahren auf dem Markt vertreten, freut sich wieder auf einige Stammkunden und Bestellungen. Ihr sei zugute gekommen, dass sie in Tübingen einen Laden betreibe. Das habe sie in der Pandemiezeit, in der einige Veranstaltungen ausfielen, krisenfester gemacht. Veranstalter Hans Winkler kennt die Branche schon lange. Fragt man ihn, welche Rückmeldung er bekommen habe, wie die einzelnen Händler es geschafft haben, die Durststrecke der Coronazeit zu überstehen, zeichnet er ein differenziertes Bild. Die meisten Betriebe hätten es geschafft. Wenn auch sehr unterschiedlich. Einige hätten die Grundsicherung beantragen mussten, teilweise seien Wohnungen, auch Werkstatträume, Lebensversicherungen oder Erspartes auf der Strecke geblieben. Und nun würden sich einige Aussteller mit Rückzahlungsforderungen herumschlagen, die ja bei den Coronahilfen so nicht ersichtlich gewesen seien. „ Das Wichtigste ist aber, das sich das Leben wieder normalisiert und die Betroffenen sich somit endlich wieder selbst um ihr Schicksal kümmern können“, sagt Winkler. Ganz neu dabei ist Lena Hohenstein. Die 26-Jährige hat eine Keramikmanufaktur in Murrhardt und ist gleich bei ihrer Premiere erfreut über den großen Besucherandrang auf dem Markt. Im vergangenen Jahr konnten durch die 3-G-Regelung erstmals konkrete Zahlen ermittelt werden, sagt Winkler. Da seien 16 000 Besucher in zwei Tagen gezählt worden. Ältere Schätzungen lagen bei bis zu 20 000 Besuchern. Am Sonntag mussten die Keramikfreunde dann jedoch einem kräftigen Regen trotzen.